Rat Duderstadt entscheidet: Bischof-Janssen-Straße soll künftig „Zum Ferienparadies“ heißen
Freitag, 17. Dezember 2021 Eichsfeld von Britta Eichner-Ramm
Duderstadt. Die Entscheidung ist gefallen. Der Rat der Stadt Duderstadt hat sich am Donnerstag einstimmig für die Umbenennung der Bischof-Janssen-Straße im Ortsteil Gerblingerode ausgesprochen. Auch über den neuen Straßennamen wurde entschieden. Nach kurzem Austausch der Argumente stimmte die Mehrheit des Gremiums für den neuen Straßennamen „Zum Ferienparadies“.
Mehrere mögliche Namen standen als Alternative im Raum. So hatten sich SPD und Die Partei für Barbara Blaine ausgesprochen. Sie gilt als Anstoßgeberin für die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Kirche. Aus Reihen von Bündnis 90/Die Grünen kam der Vorschlag Edith Stein. Die Philosophin und Frauenrechtlerin war eine zum katholischen Glauben konvertierte Jüdin, die als Brückenbauerin zwischen Christen und Juden bezeichnet wird und in der katholischen Kirche als Heilige und Märtyrerin verehrt wird.
Die Vertreter des Kolping Ferienparadies’ am Pferdeberg, einziger Anrainer mit der Adresse Bischof-Janssen-Straße, hätten sich auch Wolfgang Freter als Namensgeber vorstellen können. Der ehemalige Diözesanpräses war einer der maßgeblichen Initiatoren der Ferienstätte. Und schließlich hatte sich die Mehrheit des Ortsrates Gerblingerode – die Bischof-Janssen-Straße liegt auf Gemarkung Gerblingerode – für den neutralen Straßennamen „Zum Ferienparadies“ ausgesprochen – ebenso der Verwaltungsausschuss.
„Belangloser Name“
Mit dem vom Gerblingeröder Ortsrat und dem Verwaltungsausschuss mehrheitlich favorisierten Namensvorschlag „Zum Ferienparadies“ werde man nicht dem Grund für die Umbenennung gerecht, kommentierte Matthias Schenke (SPD). Mit dem aus seiner Sicht „belanglosen Namen“ werde der Eindruck erweckt, hier werde ein Thema unter den Tisch gekehrt. Deshalb befürwortete er eine Benennung nach Barbara Blaine. Unterstützung für Schenkes Ausführungen kam von Jochen Mitschke, dem Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Man könnte auch das Wort Paradies in dem Zusammenhang in Frage stellen“, gab er zu bedenken. Deshalb würde er auch für Barbara Blaine stimmen. Sie habe das Ganze weltweit aufgedeckt.
Florian Lillpopp (Die Partei) wurde noch deutlicher. Der Name „Zum Ferienparadies“ ignoriere die Opfer und sei „unwürdig“. Barbara Blaine wäre ein Vorschlag der Betroffeneninitiative, erinnerte er, die im Übrigen in die Debatte zu wenig einbezogen worden sei. Deshalb sollte die Straße nicht nach einem Täter, sondern nach einem Opfer bekannt werden. „Das ist das wichtigste Zeichen, das wir setzen können.“ Es sei nun an der Zeit, mit der Umbenennung der Straße klar zu machen, „dass wir weder Übergriffe noch das Decken von Übergriffen unterstützen“.
Christian Wüstefeld (CDU), Ortsbürgermeister von Gerblingerode und Ratsherr, betonte, dass Einigkeit bestehe, die Straße umzubenennen. Damit, dass einer posthumen Ehrung ein Ende gesetzt werde, werde „ein Zeichen gesetzt“, sagte er. Indem auf einen Namen verzichtet werde, werde auch auf möglichen Nährboden für zukünftige Proteste oder Diskussionen verzichtet, argumentierte er, was wiederum Schenke zu der Anmerkung veranlasste: „Das ist eine groteske Verzerrung der Situation“. Werde an Opfer erinnert, könne das niemals Nährboden für Proteste sein.
Die Forderung nach einer Umbenennung der Straße, die zur Kolping-Ferienstätte führt, gab es bereits 2015, als erste Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche laut wurden. Schon damals wurde darüber diskutiert, ob die nach dem früheren Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen benannte Straße umbenannt werden sollte. Damals wurde eine Entscheidung zurückgestellt. Man wollte zunächst die Ergebnisse der vom Bistum beauftragten Untersuchung abwarten.
Vor wenigen Wochen war der Abschlussbericht „Wissen Teilen des Bistums Hildesheim: eine Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen gegenüber Priestern und anderen Mitarbeitern der Kirche“ vorgelegt worden. Aufgrund des Berichts hatte eine Betroffeneninitiative zur Umbenennung der Straße aufgefordert. Im Gutachten haben sich zwar keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Geistliche selbst zum Täter wurde. Wohl aber sind wesentliche Versäumnisse des früheren Hildesheimer Bischofs belegt, wonach er den „Machterhalt der katholischen Kirche über das Wohl der Missbrauchsopfer“ gestellt haben soll.
Wie soll die Bischof-Janssen-Straße in Gerblingerode künftig heißen? An der Tageblatt-Online-Umfrage hatten sich 211 Teilnehmer beteiligt. 52,1 Prozent (110 Stimmen) sprachen sich für „Zum Ferienparadies“ aus, 20,9 Prozent (44) stimmten für Barbara-Blaine-Straße und 27 Prozent (57) plädierten für Edith-Stein-Straße. Der Vorschlag „Wolfgang Freter“ war zum Zeitpunkt der Umfrage noch nicht in der Diskussion.
Man könnte auch das Wort Paradies in dem Zusammenhang in Frage stellen.
Jochen Mitschke, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Rat Duderstadt